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Mandy Treutmann

Meine Freunde sind mein Spiegel

Aufgeworfene Frage

„Gegensätze ziehen sich an.“ oder „Gleich und Gleich gesellt sich gern.“ Was sagen mir diese Binsenweisheiten und wie kann ich sie für mich nutzen?

Erste Frage: Bist du in deiner Gruppe, also mit den Menschen, die am meisten Zeit mit dir verbringen, heimisch und zufrieden? Bist du unter „Gleichen“ und kannst dir keinen besseren sozialen Rahmen vorstellen? Oder fühlst du ein Unwohlsein und ein Nicht-gesehen-werden in deiner Gruppe? Zu welchen Gruppen gehörst du mit diesen Gefühlen und was sagen diese Gruppen dir über dich?

Zweite Frage: Gibt es Gruppen und Menschen, die dich anziehen? Vielleicht spürst du eine angespannte Aufregung, eine Attraktion, wenn du Menschen aus diesen Gruppen begegnest, weißt aber gar nicht so genau, warum das so ist. Oder gibt es Gruppen, die dich faszinieren und sogar aufregen? Kann es dann sein, das du noch nicht am rechten Platz bist?

Meine Überlegungen

Menschen verbringen Zeit miteinander, weil sie gleiche Themen und Interessen haben.

Musikstudenten haben ganz automatisch musikinteressierte Menschen um sich herum. Sportler lernen sportliche Menschen kennen. Jeder bewegt sich in seiner Blase und hat dort die meisten Kontakte. Wenn ein Mensch in seiner Gruppe zufrieden ist, ausreichend Austausch und Anregungen bekommt, die ihn interessieren und kein Gefühl des Mangels herrscht, dann ist (vielleicht ☺) alles gut. Er kann dann die Menschen neben sich in seiner gewohnten Umgebung anschauen und darüber reflektieren, wer er ist. Der Nachbar wird ihm ähnlich sein. Man blickt gemeinsam in eine Richtung und kann sich ggf. sogar stützen beim gemeinsamen Weg.

Allerdings kann es sein, dass es eher ein Glaubenssatz ist, zu einer bestimmten Gruppe zu gehören, weil man in eine Familie hineingeboren ist oder in einer Glaubensgemeinschaft großgezogen wurde. Die Natur hat Spaß am Chaos und so kann es passieren, dass ein Mensch anders ist als die Gruppe in die er biologisch per Geburt hineingeworfen wird. Dann bekommt er eine Zuschreibung zu dieser Gruppe aus sich selbst heraus und von außen. Eine dicke Schicht der Glaubenssätze erstickt die leise Stimme, die verkündet, dass er woanders hingehört.

Im Internet gibt es diverse Artikel, die sich mit dem Ausspruch des Unternehmers James Rohn beschäftigen: „Du bist der Durchschnitt der 5 Menschen, mit denen Du Dich am häufigsten umgibst.“ Die häufig gezogene Schlussfolgerung ist, ein entsprechendes Umfeld zu suchen, dass den nächsten Entwicklungsschritt ermöglicht oder Menschen, die uns nicht gut tun, auszusortieren. Natürlich wirken die Spiegelneuronen und wir gleichen uns an die Stimmung unseres Gegenübers an. Die Meisten kennen das Abfärben der schlechten Laune eines Mitmenschen. Die Überlegung ist also, Menschen können einen hoch oder herunter ziehen.

Laut vieler Artikel im Internet ist es jetzt der Zeitpunkt, eine Liste der meist 5 engen Menschen zu machen und zu überlegen, wer gut ist für das eigene Leben. Das setzt voraus, dass alle Fragen dazu ganz leicht zu beantworten sind. Scheinbar sind die Antworten einfach. Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen. ☺

Bedeutet dass jetzt, alle Menschen, die uns aufregen und uns ärgern, ggf. kritisieren, lieber von uns fernzuhalten? Besser nicht, wenn sie für unser Wachstum sorgen können! Viele Strebungen in uns sind unbewusst. Außerdem kann es sein, dass ich meine problematischen Themen auf mein Umfeld projiziere. Dann sortiere ich immer wieder mich selbst aus und kläre nix. Mein Gegenüber spiegelt meine problematischen Themen, aber ich erkenne sie nicht. Wenn also bei anderen Menschen immer wieder die gleichen Themen auftauchen, dann sollte ich genauer in den Spiegel schauen, ob das nicht eigentlich mein eigenes Thema ist.

Allerdings kann es trotzdem lohnend sein, sich anzuschauen mit wem man Zeit verbringt, denn das sagt dir etwas über die Themen, die dich interessieren, beschäftigen und deshalb viel über dich. Wenn du dir dann bewusst neue Themen suchst, wirst du wahrscheinlich mehr Zeit mit anderen Menschen verbringen. Ganz automatisch und ganz ohne Aussortieren.

Menschen verbringen Zeit miteinander, weil sie sich ergänzen.

Du bist der Durchschnitt der 5 Menschen, mit denen Du Dich am häufigsten umgibst?“ Ist das tatsächlich so? Nicht immer. Ein Mensch, der mit einem Narzissten eng zusammenlebt, wird nicht zum Narzissten, sondern ausgenutzt! Hier greifen andere Mechanismen, die häufig auf die eigene Sozialisierung und die eigene Kindheit zurückzuführen sind. Aber der Narzisst wird dir seine Themen umhängen und tatsächlich behaupten, dass du selbstsüchtig bist etc. Dann ist der vorher beschriebene Ansatz ein Problem, wenn er unreflektiert angenommen wird. An dieser Stelle sei darauf verwiesen, dass den eigenen Gefühlen immer zu glauben ist. Sie sind unsere Wegweiser!

Hier greift dann eher ein anderer Mechanismus, den ich Schlüssel-Schloss-Prinzip nennen möchte. Wenn du beispielsweise in deiner Kindheit häufig Verantwortung für Themen übernehmen musstest, die eigentlich Aufgaben deiner Eltern gewesen sind, dann hast du gelernt, überall Aufgaben zu sehen und auch zu übernehmen. Du hast einen Kümmerreflex entwickelt und findest Menschen attraktiv, die dieses Kümmern brauchen, denn solche Persönlichkeiten sind dir aus deiner Kindheit vertraut.

Natürlich macht es Sinn zu prüfen, ob diese Menschen für dich in deinem engeren Umfeld gut sind, aber dann nicht, weil sie dir ähnlich sind, sondern weil sie einen unguten Mechanismus bedienen.

Und außerdem gibt es da noch Menschen mit denen du dich im Guten ergänzt. Ihr seid euch nicht ähnlich, tut euch aber gut und ihr habt gemeinsame Themen. Diese Menschen sollten unbedingt bleiben!

Ich möchte deshalb die Aussage von James Rohn anpassen: Du bist das Zentrum der 5 Menschen, mit denen Du Dich am häufigsten umgibst und hast mit ihnen gemeinsame Themen. Wenn die Gemeinsamkeiten für dich gut sind, dann behalte diese Menschen bei dir, wenn du gern mit ihnen zusammen bist und sie dich bei deiner Entwicklung unterstützen.

Denkanregung

Spüre in dich hinein. Gibt es ein wohliges Gefühl der Zugehörigkeit zu deiner Familie oder zu deinem beruflichen Umfeld? Oder gibt es ein leises Stimmchen, ein Unwohlsein, eine Frage an dich, wer du bist? Dann gehe dem nach! Was steckt dahinter?

Es kann nicht schaden ein Netzwerkbild zu malen, das die aktuell wichtigsten Menschen in deinem Leben enthält. Was sagen diese Menschen dir über dich? Was verbindet dich mit diesen Menschen? Was macht ihr zusammen?

Folgende Fragen können ein Startpunkt sein, aber sie kratzen an der Oberfläche und sollten vertieft werden:

  1. Warum bin ich Teil meiner wichtigsten Gruppe? Selbstgewählt oder zufällig?
  2. Fühle ich mich wirklich wohl in dieser Gruppe oder zieht mich eine andere Gruppe an?
  3. Wer sind meine wichtigsten Menschen? Warum?
  4. Was fehlt mir bei meinen Gruppen und Menschen? Was ist zu viel?

Ein paar etwas andere Fragen zu deinem Netzwerk:

Hast du Menschen dabei, an denen du dich reiben kannst? Wenn ja, was geben sie dir? Wenn nein, kennst du solche Menschen und könnten sie zu deinem Netzwerk gehören? Wenn nein: Warum nicht?

Hast du Menschen dabei, die besonders sind und nicht im herkömmlichen Sinn erfolgreich? Kennst du solche Menschen?

Lehrsatz

Wähle die Menschen und die Themen gut aus mit denen du Zeit verbringst. Die Persönlichkeit der Menschen färbt ein kleines bisschen auf dich ab. Aber auch unbequeme Menschen haben eine wichtige Rolle. Wachstum braucht manchmal auch Spannung und Reibung. Wähle also klug und nicht immer nur nach erstem Impuls, mit wem du Zeit verbringen willst. Außerdem folgen die Menschen oft den Themen, mit denen du dich beschäftigst. Menschen und gemeinsame Themen können dir also sagen, was dir wichtig ist und wer du bist oder sein willst.

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